01.07.2025, 09:00
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ETF im Fokus: Selbstbau schlägt All-in-one-Lösung

ETF-Anleger stehen vor einer zentralen Frage: Kaufen sie einen globalen Welt-ETF, der möglichst alles abdeckt oder bauen sie sich selbst ein ETF-Portfolio? Vieles spricht für den Eigenbau – wenn er richtig umgesetzt wird (von Matthias Schmitt)

ETFs auf breite Welt-Indizes sind äußerst beliebt. Schließlich lässt sich mit ihnen der Ur-Gedanke von ETF-Investments umsetzen: Mit einem einzigen Papier investiert man in nahezu alle wichtigen und investierbaren Unternehmen der Welt. Einfacher geht es kaum. Ob MSCI All Country World (ACWI), MSCI ACWI IMI oder FTSE All-World – diese Indexfonds decken zwischen 90 und 99 Prozent der weltweiten Marktkapitalisierung ab. Ändert sich im Laufe der Jahre die Bedeutung einzelner Regionen an den internationalen Märkten, passen sich diese Indizes entsprechend an. Von der Dominanz der japanischen Aktien Ende der 80er-Jahre ist heute in den globalen Indizes nichts mehr zu sehen. Dagegen fließen jetzt rund 63 Prozent der in ETFs auf den MSCI ACWI IMI angelegten Gelder in US-Werte. Auch dieser Anteil ist aber nicht in Stein gemeißelt, sondern wird sich in den nächsten Jahren der Entwicklung der Aktienmärkte anpassen.

Performance-Paradoxon
Doch ist ein All-in-one-Produkt wirklich die perfekte Lösung? Diese Frage kommt beim Blick auf den Chart auf der rechten Seite oben auf. Vergleicht man die Performance von MSCI ACWI, MSCI World und MSCI Emerging Markets ab Ende 1998, liegen sowohl der MSCI Emerging Markets als auch der MSCI World vor dem MSCI ACWI. Zur Einordnung: Der MSCI World deckt die großen Firmen aus den Industrieländern ab, der MSCI Emerging Markets umfasst die großen Titel aus den aufstrebenden Ländern. Im MSCI All Country World (ACWI) sind dann große Firmen aus beiden Regionen, also aus den entwickelten Ländern und den Emerging Markets, enthalten. Warum ist nun also der kombinierte Index schlechter als seine beiden Einzelteile? Um alle drei Indizes vergleichen zu können, wurde jeweils die Net-Performance-Indexvariante in US-Dollar herangezogen. Während es der Kombi-Index MSCI ACWI seit Ende 1998 auf eine Performance von 421 Prozent gebracht hat, waren es beim MSCI World etwas höhere 437 Prozent und beim MSCI Emerging Markets sogar deutlich höhere 619 Prozent. Ein Portfolio, das zum Start auf den MSCI World und den MSCI Emerging Markets aufgeteilt worden wäre, hätte also – egal wie stark welcher Index gewichtet worden wäre – immer besser abgeschnitten als der MSCI ACWI. Der Grund dafür liegt in den regelmäßig stattfindenden Anpassungen im Kombi-Index. Aktien und Märkte, die zuletzt outperformt haben, werden künftig höher gewichtet. Denn die Gewichtung erfolgt hier wie bei den meisten Indizes nach der Marktkapitalisierung des Freefloats. Im Marketing hört sich das gut an: Je bedeutender ein Unternehmen wird, desto höher ist es im Index gewichtet. Aber was bedeutet das in der Praxis? So lange der Börsenwert niedrig ist, ist der Indexanteil gering. Nach starker Kurssteigerung ist das Gewicht hoch. Dann kommt es aber nicht selten zu Korrekturen – die wegen der hohen Gewichtung stark auf den Index durchschlagen. Zwar werden auch die Aktien innerhalb der beiden Einzel-Indizes (MSCI World und MSCI Emerging Markets) nach Marktkapitalisierung gewichtet. Im Kombi-Index, wo das Gewicht der einzelnen Regionen („World“ und „Emerging Markets“) weder begrenzt noch auf einem Mindestniveau gehalten wird, wirkt sich der oft ungünstige Effekt aus der prozyklischen Gewichtung aber stärker aus. So hatten die Emerging Markets in den „Nullerjahren“ einen extrem guten Lauf und waren somit im Gesamt-Index sehr hoch gewichtet. Mittlerweile kommen sie nur noch auf unter zehn Prozent. Ein Schritt, um den Effekt aus der prozyklischen Gewichtung abzumildern, ist es, ein eigenes ETF-Portfolio aus mehreren regionalen ETFs aufzusetzen. Das im folgenden vorgestellten Portfolio soll breit diversifizieren und sowohl Large als auch Mid und Small Caps abdecken (Aufteilung rechts). Gleichzeitig wurden die Gewichtungen so gewählt, dass die derzeit häufige Extremgewichtung der USA relativiert wird.

Global ausbalanciertes Portfolio
Die amerikanischen Large und Mid Caps werden in diesem Portfolio durch den Invesco MSCI USA ETF repräsentiert, der 30 Prozent Gewicht erhält. Er spiegelt die Entwicklung von mehr als 600 Aktien wider und deckt rund 85 Prozent der US-Marktkapitalisierung ab. Als Alternative ist auch ein klassischer S&P 500 ETF geeignet, der in Konstruktion und Performance vergleichbar ist. Die übrigen 22 der im MSCI World vertretenen Industrieländer werden in diesem Portfolio insgesamt genauso stark gewichtet wie die USA alleine – also ebenfalls mit 30 Prozent. Dafür wird der MSCI World ex USA genutzt. Schwergewichte in dem 870 Titel umfassenden Index sind Japan (knapp 20 %) und Großbritannien (12,6 %). Kanada, Frankreich, die Schweiz und Deutschland sind mit Anteilen zwischen 8,8 bis 9,6 Prozent vertreten. Erwähnenswert sind noch Australien (5,8 %) und die Niederlande (4,5 %). Damit sind diese 30 Prozent des Portfolios recht gleichmäßig über den Globus verteilt. Weitere 30 Prozent entfallen auf die Emerging Markets – hier aber aufgeteilt auf zwei ETFs. Der Xtrackers MSCI Emerging Markets ETF, der mit 25 Prozent gewichtet wird, spiegelt die Entwicklung der großen und mittelgroßen Unternehmen in den aufstrebenden Ländern wider. Weitere fünf Prozent gehen in einen ETF, der Small Caps enthält. Interessant dabei: Während der Blue-Chip-ETF von China beherrscht wird (27,5 %), dominiert Indien den Emerging Market Small Cap ETF (23,5 %). China kommt dort nur auf gut sieben Prozent. Taiwan und Südkorea sind die beiden anderen hoch gewichteten Länder in beiden Emerging-Markets-ETFs. Abgerundet wird das Portfolio von einem MSCI World Small Cap ETF. US-Aktien nehmen darin einmal mehr die höchste Gwichtung ein (54,4 %). Somit wächst der US-Anteil im Gesamtportfolio auf rund 35 Prozent. Das ist aber immer noch deutlich weniger als in den All-in-one-Lösungen, wo oft mehr als 60 Prozent auf die USA entfallen. Trotz dieses vergleichsweise niedrigeren US-Anteils liegt die Performance beim ausbalancierten Global-Portfolio seit Ende 1998 mit einem Plus von 523 Prozent um gut 62 Prozentpunkte vor der des MSCI ACWI IMI. Der Vorsprung wurde vor allem in den Nuller-Jahren aufgebaut, als die Emerging Markets geboomt haben, und konnte selbst durch die nach der Finanzkrise startende Outperformance der USA nicht wieder zunichtegemacht werden. Mit einem Anteil von 30 Prozent sind die Emerging Markets im ETF-Portfolio stärker vertreten als in den meisten All-in-one-Indizes. Der Anteil liegt aber auch hier noch unter ihrem Anteil am globalen Bruttoinlandsprodukt (BIP).


Optimierung mit Rebalancing
Die Rückrechnung rechts unten zeigt, dass ein Rebalancing jeweils zum Jahresende die Performance sogar noch etwas erhöht. Dabei wird von den stark gelaufenen ETFs in die im zurückliegenden Jahr schwächer gelaufenen umgeschichtet. Das entspricht im Vergleich zu den sonst üblichen Index-Anpassungen also dem umgekehrten Prozess (antizyklisch). Es gab jedoch auch lange Phasen, in denen sich ein Rebalancing nicht ausgezahlt hätte. Zudem lohnt sich für Privatanleger in Deutschland Rebalancing meist nur, wenn es durch Umschichtung der Sparraten geschieht. Denn bei einem Rebalancing, bei dem gut gelaufene ETFs verkauft werden, steht durch den Abzug der Steuern meist weniger Geld für Reinvestitionen zur Verfügung. Für die meisten Investoren dürfte es damit am sinnvollsten sein, eine einmal gewählte Zusammenstellung nicht zu verändern. Die Gewichtungen im Portfolio können dabei natürlich individuell angepasst werden. Zu den Gebühren lässt sich sagen, dass diese lediglich bei den beiden Small Cap ETFs höher als bei den Allin- one-Lösungen ausfallen. Dies sollte kein Hindernisgrund für einen Eigenbau sein.



Anhänge

DZB_Sonder_Portfolio_2025_ETF.pdf

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